Rund 90 Minuten steht die SPD-Spitzenkandidatin und Bundesinnenministerin für Fragen zur Verfügung
Von Anken Bohnhorst – NNP/WT vom 11.08.2023.
LIMBURG. Als Nancy Faeser, Bundesinnenministerin und SPD-Spitzenkandidatin im hessischen Landtagswahlkampf, am Bischofsplatz aus ihrer gepanzerten Limousine steigt, wummert aus den Lautsprechern der für sie aufgebauten Bühne „Eye of the Tiger“, ein Hit der US-Band Survivor aus den frühen 1980er-Jahren. Ums Überleben geht es an diesem Nachmittag indes nicht. Der Empfang neben der Stadtkirche ist wohlwollend. Die beiden Landtagskandidaten Jana Jeuck und Tobias Eckert nehmen gemeinsam mit Swen Bastian vom SPD-Unterbezirk Limburg-Weilburg und Bürgermeister Marius Hahn die Parteifreundin in Empfang. Faeser lacht, schüttelt Hände und umarmt die Genossen, begrüßt einige der rund zwei Dutzend Landespolizisten und winkt den Besuchern zu.
Rund 80 Gäste sitzen an den SPD-Tischen, noch einmal so viel haben sich in den angrenzenden Cafés niedergelassen. Auch ein paar Vertreter anderer Parteien sind gekommen. CDU-Bürgermeister Andreas Höfner aus Dornburg beispielsweise, der Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Sebastian Schaub sowie einige Stadtverordnete und Gemeindevertreter aus der Region. Auch eine Handvoll Faeser-Gegner hat sich auf den Bischofsplatz aufgestellt, schimpft und bläst in Trillerpfeifen. Allerdings vermischen sich die schrillen Töne im Verlauf von Faesers Rede mit dem Applaus ihrer Anhänger, sodass nicht deutlich ist, ob die Hitze den Protest dämpft oder ob sich die Widerworte in Zustimmung wandeln.
Die Botschaften der Kandidatin sind nicht neu. Hessen soll „Bildungsland Nummer eins“ werden, fordert Nancy Faeser. Dafür will sie sich einsetzen. Das Land brauche mehr Lehrer an Schulen und Hochschulen, deren Beschäftigung soll nicht länger befristet werden, und die Berufsorientierung soll gerade auch an Gymnasien so ausgedehnt werden, dass Jugendliche einen besseren Einblick in die Arbeits- und Berufswelt bekommen. Geht es nach Faeser, so erhalten alle Kinder im Bildungsland Hessen die gleichen Chancen, und zwar unabhängig vom Vermögensstand der Eltern.
Weitere Punkte ihres Wahlprogramms sind die Erhöhung der Frauenerwerbsquote, die Schaffung bezahlbaren Wohnraums und die medizinische Versorgung, die „wohnortnah“ erfolgen muss. Wie schwer es mittlerweile für Städte und Kommunen sei, ein Krankenhaus zu betreiben, „das muss ich Bürgermeister Hahn nicht sagen“, ruft sie dem Chef der Verwaltung zu. Das sei unübersehbar. Knapp 30 Minuten braucht sie, um ihre Themen für einen politischen Wechsel zu setzen.
Weitere 90 Minuten nimmt sich die Kandidatin danach Zeit für Gespräche mit den Besuchern. Zum Beispiel für den Austausch mit einer jungen Frau, die sagt, „alle wollen uns junge Leute fördern, aber es passiert nichts“. Die technische Ausstattung der Schulen sei frustrierend. Nancy Faeser hört zu, spricht von notwendigen Sparmaßnahmen, sagt aber auch, „wir wollen den Schülern digitale Endgeräte geben“. Ein paar Minuten später steht ein Mann vor der Kandidatin, bittet um ein Foto und stellt fest, dass Faeser und er ähnliche Fitness-Tracker-Ringe tragen, die die Aktivitäten aufzeichnet. Die beiden tauschen sich aus, Faeser lacht und wendet sich einem anderen Herrn zu.
Der erklärt, er würde sie weder mögen noch wählen. Auch ihn strahlt Faeser an: „Dann ist es ja besonders schön, dass sie gekommen sind.“ Der Mann bleibt ungerührt und holt endlich zu jener Frage aus, die seit Tagen bundesweit diskutiert wird. Warum sei die Innenministerin nicht im Ausschuss erschienen, um über die Absetzung des früheren Cyberabwehrchefs Arne Schönbohm Auskunft zu geben. Auch die Ministerin bleibt unbeeindruckt, betont aber, hier müsse einiges zurechtgerückt werden. Denn zum einen habe sie sich zu dieser Angelegenheit bereits in drei Ausschüssen geäußert, nur seien den Kollegen von der Opposition da keine Fragen eingefallen. Und außerdem sei Herr Schönbohm nicht entlassen, sondern versetzt worden. „Übrigens bei gleichem Gehalt.“ Aha, murmelt der Mann und geht.
Das Fragenkarussell dreht sich weiter, und Nancy Faser dreht sich mit. Fünf Wahlkampfveranstaltungen habe sie an diesem Tag bereits absolviert, erzählt sie. Ein Termin stehe gegen Abend noch bevor. Als sie zu ihrem Auto geht, dröhnt der Flashdance-Hit „She is a Maniac“ aus den Lautsprechern. Ein Mädchen wird darin besungen, das den „Kampf ihres Lebens“ vor sich hat. Auch das ist im Fall der Kandidatin vielleicht ein wenig hoch gegriffen. Aber dass sie Power hat, das hat Nancy Faser an diesem Nachmittag in der sengenden Sonne au