Faeser sieht Chancen für Handwerk

Foto: Swen Bastian. Bundesinnenministerin Nancy Faeser informiert sich an der "ARS" übder das Limburger Modell zur Berufsorientierung.

Innenministerin erkundigt sich über „Limburger Modell“, Berufsorientierung und Fachkräftemangel

Von Mika Beuster – NNP vom 1. März 2023

LIMBURG . Handwerk kann goldenen Boden haben: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat am Montag in Limburg Karrieremöglichkeiten abseits eines Studiums hervorgehoben. Im Handwerk und mit Berufsausbildung gebe es große Chancen für junge Menschen. „Viele wissen noch gar nicht, was Fachkräftemangel heißen kann”, sagte Faeser. Sie lobte beim Besuch der Adolf-Reichwein-Schule (ARS) das „Limburger Modell” der Berufsorientierung und besuchte anschließend die Außenstelle der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM).

Achtklässler aus Haupt- und Realschulen können beim „Limburger Modell” in Blöcken Berufe kennenlernen, wie ARS-Schulleiter Ralf Abel erklärte. Acht Wochen lang bekommen derzeit 440 Schüler Einblicke in eines von 20 Berufsfeldern, wie Laborberufe, Bürowirtschaft oder Metalltechnik. Auch dabei: das Backen.

„Limburger Modell ein Erfolgsmodell”

Innenministerin Faeser durfte das zusammen mit Schülern unter der Aufsicht von Lehrer Winni Narewski in der Bäckerei der ARS ausprobieren und Teig zusammenrollen – was allen Beteiligten sichtlich Freude machte. Handwerk sei mit großen Verdienstmöglichkeiten verbunden, sagte Faeser. Die studierte Juristin berichtete, dass viele Rechtsanwälte geradeso zurechtkämen, manche Handwerksmeister durchaus wesentlich mehr verdienten. Es gelte, auch mit dem Vorurteil aufzuräumen, man müsse studieren, um wirtschaftlichen Erfolg zu haben, sagte Faeser.

Die ehemalige Teilnehmerin an dem Programm, Alicia Prylewski sagte, sie könne nur Positives berichten. „Man kommt aus den Schulalltag raus. Rückblickend hat es auch viel Spaß gemacht”, sagte Prylewksi. Sie habe dabei auch gelernt, welche Berufsfelder nicht zu ihr passen, sie strebt derzeit an der ARS eine Karriere als Heil- und Erziehungspfleger an. Neue Berufsfelder kennenzulernen, sei auch für die Wirtschaft wichtig. Der Schulleiter der Staatlichen Glasfachschule Hadamar, Holger Schmidt, verwies darauf, welchen enormen Bedarf es etwa bei Glasern gebe – die Ausbildung in der Region möglich.

Der Präsident der Industrie- Handelskammer (IHK), Ulrich Heep, hob den Wert des „Limburger Modells” hervor. Er beobachte, die Wahl der Ausbildungsberufe sei dadurch zielgerichteter geworden, eine Ausbildung werde seltener abgebrochen. „Es ist ein Erfolgsmodell”, lobte Heep. Kreishandwerksmeister Wolfram Uhe betonte den „massiven Fachkräftemangel”. Beim Thema Migration stehe für ihn das Thema Sprache an erster Stelle, in der Praxis werde diese schneller gelernt, aber ohne Sprachkenntnisse sei das Arbeiten schwierig. Innenministerin Faeser verwies darauf, dass nun Sprachkurse auch ohne Berücksichtigung einer Bleibeperspektive möglich seien, wofür sie durchaus auch politisch angegriffen werde, wie sie sagte.

Schulleiter Stefan Reitz von der Theodor-Heuss-Schule antwortete auf Faesers Frage, dass derzeit Gymnasien nicht teilnehmen – etwas, was sich die Innenministerin aber wünscht. Das Schulamt habe das Vorhaben wohlwollend begleitet, wie der zuständige Dezernent im Staatlichen Schulamt in Weilburg, Markus Topitsch, berichtete. Die nötigen Ressourcen würden derzeit verteilt, Teilnehmer der Gesprächsrunde machten aber die Ministerin darauf aufmerksam, dass sie sich eine Aufstockung wünschten.

Duales Studium wertet Region auf

Im Anschluss ging es für Faeser zur THM-Außenstelle im Werkstadt-Gebäude. Der leitende Direktor von Studium-Plus, Jens Minnert, stellte Faeser das Portfolio an dualen Studienmöglichkeiten vor. 50 Prozent in den Betrieben, 50 Prozent in der Hochschule, dabei gelten die gleichen Anforderungen wie an einer regulären Hochschule, wie Minnert sagte. Für Limburgs Bürgermeister Marius Hahn (SPD) könnte dies auch ein Modell sein, den Fachkräftemangel in Behörden zu bekämpfen. „Wir alleine haben nicht die kritische Masse, aber zusammen mit Kreis und Bistum könnte das ein Weg sein, hier selbst unseren Bedarf auszubilden”, sagte Hahn.

SPD-Kreisparteichef Tobias Eckert, der als stellvertretender Fraktionschef im hessischen Landtag an der Seite Faesers arbeitete, als diese dort noch Fraktionschefin war, betonte, dass es das duale Studium in der Region in der Bildungslandschaft brauche. „Wie künftig Fachkräfte gehalten werden, das wird noch spannend“, sagte Eckert. Ein Hochschulangebot sei eine der besten strukturellen Aufwertungen für eine Region, sagte Faeser.

Der Besuch der Ministerin zum Thema Bildung kann in gewisser Weise auch als Berufsorientierung gewertet werden: Die amtierende Innenministerin im Bund strebt das Amt des Ministerpräsidenten bei der Landtagswahl in Hessen im Herbst dieses Jahres an. Mit dem Thema will sie auch einen landespolitischen Akzent setzen. Bildung müsse ein Schwerpunkt der Arbeit im Land sein, sagte sie. Begleitet wurde sie dabei neben Kreisparteichef Eckert vom Vorsitzenden der SPD-Kreistagsfraktion, Frank Schmidt sowie dem bildungspolitischen Sprecher Michael Uhl und dem Ersten Kreisbeigeordneten Jörg Sauer (SPD).