„Kinderförderungsgesetz? So nicht!“

BAD CAMBERG. Sitzplätze wurden schnell rar am Montagabend im Kleinen Saal des Bürgerhauses Kurhaus in Bad Camberg: Der heimische SPD-Landtagsabgeordnete Tobias Eckert hatte zu einer „Anhörung vor Ort“ zum Kinderförderungsgesetz eingeladen und rund 140 Besucher, darunter Bürgermeister, Vertreter von Kindergärten und Tagesstätten, Eltern, Erzieherinnen, Leitungen, Träger und Vertreter von Kirchen und Verbänden waren gekommen, um mit Eckert über das umstrittenen Kinderförderungsgesetz zu diskutieren. Ziel seiner Veranstaltung sei es, so Eckert, die Betroffenen in den Einrichtungen, Träger, Eltern, Fachleute und Interessierte zu Wort kommen zu lassen und die konkreten Stellungnahmen aus dem Wahlkreis in die Anhörung nach Wiesbaden zu tragen.

Im Anschluss an Eckerts Vorstellung des von CDU und FDP vorgelegten Gesetzentwurfes entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Fachleute und Besucher waren sich einig in der Ablehnung des Gesetzes, das zu einem Qualitätsabbau und zu finanziellen Einschnitten bei den Trägern führen werde, so die Befürchtung. „Im Mittelpunkt des Gesetzentwurfes stehen leider nicht die Kinder. Die geplante Umstellung auf eine Pauschale pro tatsächlich aufgenommenem Kind wird in den Einrichtungen dazu führen, dass die Gruppen bis zum maximal möglichen Punkt von 25 Kindern oder in Ausnahmefällen sogar darüber hinaus gefüllt werden. Unter Qualitätsgesichtspunkten wäre das ein Rückschritt in der frühkindlichen Betreuung“, sagte Liane Schmidt, die Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes Limburg-Weilburg, der in Bad Camberg selbst eine Krabbelstube für Kinder von 1-3 betreibt.
Der Bad-Camberger Bürgermeister Wolfgang Erk bemängelte, dass durch das Gesetz mit der Einführung eines Betreuungsmittelwertes Anreize für die Kommunen geschaffen würden, die Öffnungszeiten gering zu halten. Weiche die Kommune nach oben von den Standards ab, um berufstätigen Eltern eine bedarfsgerechte Ganztagesbetreuung zu ermöglichen, dann bleibe die Stadt allein auf den Kosten sitzen. Insbesondere finanzschwache Kommunen seien nicht in der Lage die reduzierte Landesförderung mit eigenen Mitteln auszugleichen, so dass es dort zwangsläufig zu Angebotseinschränkungen und Qualitätseinbußen auf dem Rücken von Kindern, Eltern und Beschäftigten kommen werde.
Von Seiten der Beschäftigten wurde deutlich gemacht, dass die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit bis zu 20% der Personalstellen mit Nicht- Fachkräften zu besetzen, den heutigen Anforderungen nicht gerecht werde und einer Entprofessionalisierung der pädagogischen Arbeit gleichkomme. Anstatt die angestrebte Aufwertung des Erzieher-Berufes voranzutreiben, müssten die Erzieherinnen den angedachten Einsatz von fachfremdem Personal geradezu als Affront auffassen.
In seinem Fazit des Abends machte Tobias Eckert deutlich, dass das KiföG auf eine „endgültige Ökonomisierung der Kinderbetreuung in Hessen“ abziele. Betriebswirtschaftliche Vorgaben würden beim schwarz-gelben Entwurf im Vordergrund stehen, nicht die Bedürfnisse der Kinder oder die praktische Arbeit in den Kindergärten und Tagesstätten. Der Landtagsabgeordnete forderte die Besucher der Veranstaltung auf, weiter aktiv zu bleiben und für mehr statt weniger gute Betreuung in Hessen einzutreten. „Seien Sie hartnäckig“, sagte Eckert, der ankündigte dass eine SPD-geführte Landesregierung das Gesetz außer Kraft setzten und durch eine neue Regelung ersetzen werde, wenn die Proteste bei den Fraktionen von CDU und FDP weiterhin auf taube Ohren stoßen sollten und diese das KiFöG gegen alle Ratschläge beschließen würden. Dabei werde die SPD in Abstimmung mit den Verbänden, Einrichtungen und Experten frühkindlicher Bildung einen Gesetzentwurf erarbeiten, der seinen Schwerpunkt auf die Qualität der Angebote lege anstatt auf die betriebswirtschaftliche Betrachtung der Kinderbetreuung in Hessen, so Eckert abschließend.